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Minister Miller schätzt, wieviel Kilogramm Weizen eine Person pro Tag für Ernährung und Energie benötigt. KLJB-Landesvorsitzender Sebastain Maier erklärt die Zusammenhänge.

Jugend muss unbequem sein

Josef Miller war von 1998 bis 2008 bayerischer Staatsminister für Landwirtschaft und Forsten. Zwischen der KLJB Bayern und „ihrem“ Minister gab es stets einen regen Austausch. Ende Januar führten wir ein Email-Interview mit ihm.

 

 

1.    Herr Miller: Zuletzt haben wir uns am KLJB-Stand auf dem ZLF gesehen. Wie fanden Sie den Auftritt der KLJB mit der Ernährungs-Waage? Waren Sie überrascht, welche Mengen an Weizen man braucht, um sowohl unsere Ernährung als auch unseren Energiebedarf daraus zu decken?

Der Auftritt der KLJB war immer so, wie die KLJB selber ist, nämlich unkompliziert, fröhlich und ernsthaft sowie in die Zukunft gerichtet. Den Auftritt mit der Ernährungs-Waage fand ich sehr gut. Ich war nicht überrascht, dass man so große Mengen braucht, nicht so sehr für Nahrungsmittel, sondern um den externen Energiebedarf zu decken wie z. B. Mobilität und Heizung. Hier meine ich, dass noch viel Potential besteht, diesen Bedarf durch gezielte Maßnahmen zu reduzieren. Wir sollten damit sofort beginnen, denn jede nicht verbrauchte Kalorie oder deren sparsamer Verbrauch hat eine positive Wirkung auf unsere Umwelt. Anschaulich und eindringlich machen, mahnen und neue Wege aufzeigen - so kenne ich die KLJB- und so brauchen wir sie, um unsere Zukunft positiv zu gestalten.


2.    Sie waren selbst aktiver KLJBler. Hat Sie das für ihren weiteren Lebensweg geprägt?

Ja, ganz wesentlich! Meine Frau war auch in der KLJB. Aber nicht nur dies hat mich geprägt, sondern vor allem das unbeschwerte Feiern, verbunden mit der Hinführung zur Übernahme von Verantwortung. Mir ist damals bewusst geworden, was das Beispiel mit den Talenten für uns Menschen bedeutet, nämlich Verantwortung zu übernehmen, Probleme zu erkennen und zu lösen. Mitzuwirken ist wesentlich höher einzuschätzen als Abseits zu stehen und sich die Hände in Unschuld zu waschen. Damit kann man zwar leichter lästern und jammern. Viel wertvoller ist aber Verantwortung,  anpacken statt wegschauen oder nur reden. Das war für mich die Botschaft, die ich aus der Landjugendarbeit mitgenommen habe. Sie war eine gute Voraussetzung für das Ministeramt.


3.    Jugendverbände und auch die KLJB sind gerne mal unbequem. Haben Sie sich schon mal über uns geärgert?

Nein, nie - sondern ich schätze die unvoreingenommenen Gespräche mit Jugendlichen. Als ein Politiker, der Zukunft gestalten will, suche ich das Gespräch mit der Jugend, um zu wissen, was sie denkt, fühlt, ja was sie letztlich für Vorstellungen von der Zukunft hat. Jugend darf drängen und muss unbequem sein, sonst gibt es keine Veränderungen und keinen Fortschritt, sondern letztlich nur Rückschritt. Sie ist mit ihren Idealen zu großen Leistungen fähig. Wer politisch die Jugend gewinnt, dem gehört die Zukunft.


4.    Welches Erlebnis war für Sie das schönste in der Zusammenarbeit mit uns?

Das waren die Zusammenkünfte wie z. B. auf Diözesanversammlungen oder die regelmäßigen Gespräche im Ministerium. Mich hatte immer wieder die Fröhlichkeit und die Begeisterung beeindruckt, mit der die jungen Menschen zu Werke gehen. Ohne diese Fröhlichkeit und den Optimismus kann man weder Menschen begeistern noch Zukunft gestalten. Am schönsten fand ich immer wieder, dass das alte Vorurteil, die heutige Jugend sei schlechter als die Jugend von früher, in keiner Weise stimmt. Wer so etwas behauptet, der kennt unsere Jugend nicht. Manchmal wünschte ich mir, dass die Erwachsenen von der Jugend lernen und vor allem selbst ein besseres Beispiel abgeben würden.


5.    Sie sind immer für eine bäuerliche Landwirtschaft eingetreten, ebenso wie die KLJB. Die KLJB Bayern vertritt die Ansicht, dass der Ausstieg aus der Milchquote besser heute als morgen erfolgen sollte. Sie galten und gelten als Kämpfer für die Quote. Sehen sie darin einen unüberbrückbaren Widerspruch oder glauben Sie, dass man in dieser Frage mit berechtigten Argumenten zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen kann?

Ich habe mich stark dafür eingesetzt, dass der Ausstieg aus der Milchquote, der für 2008 vorgesehen war, verschoben werden konnte. Es ist für mich völlig unverständlich, warum die Europäische Union im letzten Jahr die Quote um zwei Prozent angehoben hat, obwohl die Marktpreise nach unten gingen. Jetzt will sie EU-weit 500 Millionen Euro locker machen, um mit Exportbeihilfen die Folgen der Mengenerhöhung unserer Bauern abzuschwächen. Jeder muss aber wissen, dass alleine in Bayern 1 Cent Milchpreisänderung für die bayerischen Bauern 75 Millionen an Einkommen ausmacht. Ich habe nichts dagegen, wenn die Quote bei stärker steigenden Weltmarktpreisen gelockert wird, aber ich wehre mich dagegen, die Mengen zu erhöhen, wenn die Preise nach unten tendieren. Wer zu große Wachstumsschritte fordert, der braucht sich auch nicht zu wundern, wenn auch diese Betriebe in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen. Am erfolgreichsten haben in der Vergangenheit jene Betriebe abgeschlossen, die mit überschaubaren Schritten gewachsen sind und ihre Einkommenssituation nachhaltig verbessert haben. Ich sehe hier keine unüberbrückbaren Gegensätze. Man muss der Realität ins Auge schauen und auch gleichzeitig keine Minute nachlassen, für den Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft zu kämpfen, denn dieser Einsatz lohnt sich nicht nur heute, sondern auch für unsere Kinder und Enkel. Keine Form der Landbewirtschaftung verkörpert Nachhaltigkeit stärker als dies die bäuerlichen Familienbetriebe tun.


6.    Neben der Landwirtschaft macht sich die KLJB auch für den ländlichen Raum stark: Die Jugendlichen von heute müssen Perspektiven haben, um für sich eine Zukunft auf dem Land planen zu können. Wofür müssen wir uns Ihrer Ansicht nach in den nächsten Jahren in diesem Bereich stark machen?


Der ländliche Raum muss Zukunftsraum für unsere Jugendlichen bleiben oder werden. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Anforderungen an die Ausbildungen ständig zunehmen und es noch nicht genug qualifizierte Arbeitsplätze im ländlichen Raum gibt. Deshalb halte ich es für dringend notwendig, dass z. B. die großen Datenautobahnen durch leistungsfähige Internetanschlüsse auch Auf- und Abfahrten im ländlichen Raum haben und dort zwar nicht gleiche, aber gleichwertige Lebensverhältnisse gelten. Ich möchte, dass die Jugend Arbeitsmöglichkeiten und damit Zukunft auf dem Lande hat.


7.    Herr Miller: Sie haben in Ihrer Zeit als Landwirtschaftsminister die KLJB immer nach Kräften unterstützt. Dafür möchten wir uns nochmals ganz herzlich bei Ihnen bedanken. Mit welchen Argumenten würden Sie Herrn Brunner, Ihren Nachfolger als Landwirtschaftsminister, davon überzeugen, dass sich die Förderung der Landjugendarbeit auszahlt?


Ich habe als Landwirtschaftsminister die KLJB aus einer starken Überzeugung gerne unterstützt. Ich brauche meinem Nachfolger Helmut Brunner nicht davon überzeugen, dass sich die Förderung der Landjugend ausbezahlt, denn er kommt, wie ich auch aus der Landjugend und kennt sich dort selbst sehr gut aus.


8.    Wir erlebten Sie als einen Landwirtschaftsminister, der nur schweren Herzens eine Einladung oder ein Gesprächsangebot ablehnte und so pausenlos auf Achse war. Wie nutzen Sie jetzt die freien Kapazitäten?


Gute politische Entscheidungen entstehen aus einer Kombination von Dialog und Führung. Beides gehört untrennbar zusammen. Ich wollte mit meiner Politik für Erzeuger und Verbraucher diese in den Dialog mit einbinden, um dann zu einer guten Entscheidung durch Führung zu kommen. Die Leute wollen an den politischen Prozessen beteiligt sein. Deshalb habe ich mit den Menschen geredet. Nachdem ich diese Entscheidungen nicht mehr treffe, habe ich wieder mehr Zeit. Ich bin jetzt Mitglied des Haushaltsausschusses, der bekanntlich die meisten Sitzungen im Landtag hat und über alle Bereiche in der Politik entscheidet. Ich halte eine Reihe von Vorträgen und habe nun auch etwas mehr Zeit zum Lesen. Natürlich ist es etwas leichter geworden. Die zur Verfügung stehende freie Zeit widme ich meiner Familie. Mir ist es nicht langweilig.


9.    Was wollen Sie in dieser Legislaturperiode als Abgeordneter unbedingt erreichen?

Die Haushalts- und Finanzpolitik ist derzeit derzeit stark gefordert. Auf der einen Seite soll die Konjunktur nicht erlahmen, damit Arbeitsplätze nicht gefährdet werden und die Steuereinnahmen nicht zu stark einbrechen. Auf der anderen Seite müssen Konjunkturprogramme finanziert und auch wieder zurückbezahlt werden. Mir geht es darum, dass es zu keiner größeren dauerhaften Verschuldung kommt und die heutige Jugend später die Zeche bezahlen muss. Darüber hinaus geht es mir um den ländlichen Raum und die Landwirtschaft, sowie um die Jugend. Mein Ziel ist die weitere Verbesserung der Lebensbedingungen für alle Bürgerinnen und Bürger.



10.    Was Sie noch loswerden wollen:


Das wichtigste ist mir das Engagement der Jugend, dass sie Politik durch Desinteresse, Lauheit und Gleichgültigkeit nicht anderen überlässt, sondern selbst dazu beiträgt, dass die Zukunft so kommt, wie wir uns das vorstellen. Und dass die Jugend den Christlichen Glauben nicht verliert. Er ist in vielen Bereichen das Einzige, das übrig bleibt und in die Zukunft trägt. Deshalb ist auch die Arbeit der Katholischen Landjugend so wichtig für die Zukunft unseres Landes.

Herr Miller, wir danken Ihnen für dieses Interview!


„Ich bin glücklich auf dem Land, weil wir alle eine große Familie sind.“
Sandra