Religion

Religion

Als wir nach einer ziemlich langen Reise gegen fünf Uhr morgens im Centre Jean Baptiste in Thiès ankamen, fiel uns sofort der Gesang des Muezzins auf, der von einer nahegelegenen Moschee die Gläubigen zum Gebet rief.
Im Senegal gibt es den Islam, das Christentum und traditionelle afrikanische Religionen. Etwa 94 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum Islam. Die Gläubigen sind in Bruderschaften organisiert, wobei die Muriden die bedeutendste unabhängige Organisation im Senegal bilden. Muridiyya ist eine Sufi-Bruderschaft und vor allem im Senegal verbreitet. Die Anhänger dieser Gemeinschaft glauben Gott näher zu kommen, wenn sie schwere körperliche Arbeit leisten. Der Gründer der Muridiyya, Amadou Bamba, erklärte die Feldarbeit zur höchsten Tugend, was zu einem starken wirtschaftlichen Aufschwung führte. Heute beherrschen die Muriden ganze Branchen der Wirtschaft.
Da die Muslime den größten Teil der Bevölkerung ausmachen, spielen die muslimischen Feiertage eine große Rolle. Einer der wichtigsten ist der Maouloud, der Geburtstag des Propheten Mohammed. Sehr oft finden auch Wallfahrten statt, z.B. nach Tivaouane oder nach Kaolack, an denen auch manchmal der derzeitige Staatspräsident teilnimmt. Der weltberühmte Sänger Youssou N’Dour ist auch Mitglied der Muridiyya. Eine weitere große Bruderschaft ist die Qadria, die im 15. Jahrhundert von Abdoul Qadir Al-Jilali gegründet wurde und somit die älteste des Landes ist. Diese Organisation fordert von den Gläubigen die Unterordnung unter die Autorität des Cheiks. Die dritte wichtige Bruderschaft nennt sich Tidjania, dessen Gründer Sidi Ahmed Tidjani war. Die Gemeinschaft legt großen Wert auf Kultur und Erziehung und betont die Individualität der Mitglieder.
Die Christen stellen etwa vier Prozent der Bevölkerung in diesem westafrikanischen Land. Trotz dieses geringen Anteils ist die katholische Kirche im Bildungs- und Gesundheitswesens präsent. Der christliche Glaube kam mit der Kolonialisierung in den Senegal: 1819 erreichten Nonnen des St. Joseph-Ordens den Senegal und leisteten Missionsarbeit.
Neben dem Islam und dem Christentum bekennen sich etwa zwei Prozent der Bevölkerung zu den traditionellen afrikanischen Religionen. Zahlreiche traditionelle Riten haben aber auch ihre Bedeutung bei den Christen und Muslimen behalten. Alle Anhänger der traditionellen afrikanischen Religionen teilen die Ansicht, dass es einen einzigen Gott gibt, der zugleich Gründer und Herrscher der Welt ist. Dieser wird von einem Botschafter und von Geistern der Vorfahren begleitet. Die früher als Animisten bezeichneten Gläubigen haben bestimmte Orte, die für ihren Kult bestimmt sind - allerdings haben Männer und Frauen jeweils eigene Orte. Die Anhänger der traditionellen Religionen glauben an ein ewiges Leben, an das Paradies und an die Hölle. Stirbt ein Familienmitglied, so wird er unter dem Dach einer Hütte begraben, diese mit Sand bedeckt und es entsteht ein kleiner Grabhügel. Die Vorfahren und ihre Geister sind die Besitzer der Felder und werden respektiert. Aus diesem Grund werden bei der Saat und bei der Ernte viele Rituale ausgeführt, damit das Feld möglichst viele Früchte trägt.
Im Senegal herrscht ein tolerantes Zusammenleben von Muslimen, Christen und traditionellen Religionen. Deshalb gilt dieses Land als Beispiel für das friedliche Zusammenleben der Religionen.


Lisa John

„Ich bin glücklich auf dem Land, weil‘s einfach gmiadlich is.“
Jonas